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Das Märchen vom unbekannten Vater

In Gesprächen mit Adoptiveltern erwähnen diese immer wieder, dass der Kindesvater „unbekannt“ sei. Tatsächlich wissen die wenigsten Adoptiveltern etwas über den leiblichen Vater ihres Kindes – und in der Regel wird angenommen, dass niemand – auch der Kindesmutter (!) – nichts über den Vater bekannt ist. Diese Annahme führt zu einer zusätzlichen Diskriminierung/Abwertung der leiblichen Mutter, da sie damit unter das Vorurteil der „Schlampe“, des Flittchens der „hwG-Person“ (hwG = häufig wechselnder Geschlechtsverkehr) fällt.

 

Den Adoptionsvermittlungsstellen ist über den leiblichen Vater schon mehr bekannt – insbesondere, wenn es sich um die Adoption eines Kindes handelt, das vorher im Heim untergebracht war, oder für das anderweitig Jugendhilfeleistungen aufgebracht werden mussten. Von „etwa einem Drittel“ unbekannter Väter geht die Vermittlungspraxis im Allgemeinen aus. Dabei wird nicht differenziert, wem die Kindesväter unbekannt sind, und es wird oft der Eindruck erweckt, dass die Kindesmütter die Väter anzugeben nicht in der Lage sind („Mehrverkehr“, „flüchtige Bekanntschaft“, usw.).

 

Im Interesse des unterhaltsberechtigten Kindes ist die ledige Mutter verpflichtet, den Vater des Kindes anzugeben. Das Jugendamt, das automatisch mit der Geburt eines nichtehelichen Kindes Pfleger für bestimmte Angelegenheiten wird, stellt sodann die Vaterschaft fest und regelt die Unterhaltsansprüche des Kindes an seinen Vater. Insbesondere wenn das Kind „entgeltlich bei einem Dritten in Pflege“ ist (Heim, Krippe, Pflegestelle), wird das Jugendamt auf der Benennung des Vaters bestehen, weil Kosten entstehen, die im Rahmen von Jugendhilfeleistungen erbracht werden müssen und die teilweise vom unterhaltspflichtigen Vater wieder eingetrieben werden können. In diesen Fällen hat das Jugendamt als Pfleger ein gewisses Eigeninteresse an der Feststellung und Beurkundung des Vaters.

 

Anders verhält es sich hingegen, wenn die Kindesmutter zu einem sehr frühen Zeitpunkt (pränatal oder unmittelbar nach der Geburt) bekannt gibt, dass sie ihr Kind zur Adoption freigeben will, und wenn sich das Kind dann vom Tag der Geburt an bereits bei seiner zukünftigen Adoptionsfamilie befindet, die verpflichtet ist, für seinen Lebensunterhalt aufzukommen. In diesem Fall besteht kein unmittelbares finanzielles Interesse der Jugendbehörde am Vater. Außerdem könnte sich die Adoption unter Umständen durch die Bekanntgabe bzw. Kenntnisnahme des Kindesvaters durch das Jugendamt verzögern, ...

 

Um Komplikationen und somit Verzögerungen durch Widersprüche oder Terminschwierigkeiten des Kindesvaters zu vermeiden, sehen nach Aussagen vieler Kindesmütter die Adoptionsvermittler davon ab, den Kindesvater überhaupt zu hören, indem sie ihn gar nicht erst zur Kenntnis nehmen! Auf einer Fachtagung über die Neuerungen der Adoptionsgesetzgebung berichtet dazu eine Sozialarbeiterin mit jahrelanger Vermittlungspraxis:

 

„Nach dem neuen Gesetz bin ich ebenfalls zu der Praxis übergegangen, dass ich die Väter meistens unter den Tisch fallen lasse, um weiteren Komplikationen zu entgehen. Es sind einige Härtefälle, die tatsächlich solche Unsicherheiten in die Adoptionsverhältnisse bringen, dass ich das nicht verantworten kann vom Wohl des Kindes her.

 

Und ich muss auch sagen, dass da sehr unterschiedliche Praktiken bei den Jugendämtern bestehen und ich deshalb dahin ausweiche, wo diese Angelegenheiten großzügig gehandhabt werden. Die Entbindungen gehen also da vonstatten, wo ich alles abgesichert habe, sei es beim Meldeamt, Standesamt, Vormundschaftsgericht, Jugendamt und dergleichen mehr.“
 

In einem solchen Fall ist entweder er selbst, oder sein Aufenthalt „unbekannt“, und man umgeht „Zeitverluste“. Den Kindesmüttern wird diese Entscheidung teilweise nicht mitgeteilt (sie kennen ohnehin die gesetzlichen Grundlagen kaum) oder aber sie werden im unklaren gelassen (Beispiel: Eine Kindesmutter erzählte, das ihre Angaben über den Kindesvater „nur als Zettel“ angeheftet wurden. Die Sozialarbeiterin habe dazu bemerkt: so würde der Zettel nicht in der Akte durchnumeriert und man könne ihn später jederzeit wieder entfernen. Der Kindesmutter war bis zum Gespräch mit mir die Bedeutung dieser Maßnahme nicht klar geworden.)

 

Im Interesse eines reibungslosen Ablaufes des Vermittlungsgeschehens – und wenn keine materiellen Interessen der öffentlichen Jugendhilfe entgegenstehen – wird also auf den Vater „gerne verzichtet“, mit den Folgen, dass er später auch nicht für die Adoptiveltern und für das heranwachsende und fragende Kind präsent ist. Erst auf dem Umweg über die zunächst zu findende Kindesmutter können Adoptiveltern und Kind (wenn überhaupt, dann sehr spät) etwas über den leiblichen Vater erfahren. Gleichzeitig erscheint die Kindesmutter in einem negativen Licht, sie bekommt das Image einer Frau, die sich verantwortungslos mit einem ihr unbekannten Mann einlässt, keine Verhütungsmittel benutzt und ein Kind in die Welt setzt, dass sie selber nicht versorgen kann oder will. ...

...

Zusammenfassend könnte der „unbekannte“ Vater auch als der „verschonte“ Vater bezeichnet werden. Dieser Begriff käme der Realität (bis auf wenige Ausnahmen) sehr viel näher, würde die Rollenverteilung im „Dilemma unerwünschtes Kind“ deutlich machen und die Frauen von dem Vorwurf entlasten, sich verantwortungslos, dem ersten Besten hingegeben zu haben.

 

Aus: „Die abgebende Mutter im Adoptionsverfahren“  Christine Swientek - 1986

Anmerkung: Ebenfalls ist zu Bedenken, aus welchen Gründen die abgebende Mutter angibt "Vater unbekannt".

Oftmals werden die Schwangeren von den leiblichen Vätern so stark unter Druck gesetzt, daß sie glauben, es sei für sie selbst und das Kind überlebensnotwendig den Vater nicht zu nennen!


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